Donnerstag, 18. Januar 2024

Megans Irrtum

Megans Irrtum

Isaac befand sich in seinem dritten Jahrzehnt als Besitzer eines kleinen Antiquariats, welches ihm seine Freizeit füllte und viel bedeutete. Als er einmal von einer langen Reise zurückkehrte, auf der er einige wertvolle Bücher für seinen Laden aufgetrieben hat, und durch die Tür seiner Wohnung trat, bemerkte er nach einer Weile eine Veränderung. Er konnte nicht glauben, was er zu sehen bekam, denn in der Wohnung tauchte ein zusätzliches Stockwerk auf.

Neugierig ging er die neue Treppe hinauf und fand sich in einer Bibliothek wieder. Die Bücherregale waren vollgestopft mit alten Werken, darunter solche, die er noch nie zuvor gesehen hatte.

Während er dort stand und die Aussicht genoss, bemerkte er eine Gruppe von Personen hinter einer Trennwand. Es handelte sich um sieben Männer und Frauen, die alle besoffen waren und in eine mürrische Phase der Alkoholisierung gerieten. Ihre Kleidung war abgetragen und sie hatten eindeutig schon länger nicht geduscht.

Er beschloss, herauszufinden, was los war. Mit gemischten Gefühlen näherte er sich der Gruppe und stellte fest, dass sie alle Obdachlosen waren. Sie kamen aus verschiedenen Ecken der Stadt und hatten sich irgendwie zusammengefunden.

Es dauerte nicht lange, bis die Stimmung angespannter wurde. Einige der Männer begannen sich aggressiv zu benehmen, und bald darauf kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei von ihnen. In diesem Moment sprang eine junge Frau auf und rief: "Hört auf!"

Megans Irrtum

Ihre Stimme hatte eine tiefe, sonore Qualität, die Isaac sofort faszinierte. Sie schien älter zu sein als sie aussah, vielleicht Mitte zwanzig. Ihre Sprache war kultiviert und zeigte, dass sie wohlhabender Herkunft gewesen sein musste.

Nachdem sie Ruhe geschaffen hatte, wandte sie sich an Isaac und sagte: "Entschuldigen Sie bitte die Störung."

"Kein Problem," antwortete Isaac höflich. "Wie kommt es, dass ich Sie hier finde?"

Sie zog eine Flasche Whisky aus ihrer Handtasche und reichte sie ihm. "Dein Haus gehört ab sofort mir," sagte sie. "Ich bin eine halbunsterbliche Hure namens Megan. Die Flucht aus dem benachbarten Konglomerat hat mich hierher geführt und ich habe mich entschieden, hier für eine Weile zu bleiben."

Megans Geschichte überraschte Isaac zutiefst. Es war wie ein Traum, den er nie für möglich gehalten hätte. Obwohl er nie etwas von der Existenz irgendeines Konglomerats gehört hatte, fühlte er sich dennoch geehrt, weil eine echte halbunsterbliche Hure in seiner eigenen Wohnung auftauchte.

In den nächsten Wochen entwickelte sich zwischen Isaac und Megan eine enge Freundschaft. Jedes Mal, wenn sie Zeit hatte, kam sie die Treppe hinab und besuchte ihn in seiner Wohnung, wobei sie über Themen diskutierten, die weit über die Grenzen des Gewöhnlichen hinausgingen. Sie teilten ihre Liebe zum Studium alter Zivilisationen und tauschten Geschichten über mythische Wesen und magische Orte aus.

Schließlich kam der Tag, an dem Megan sich bereit machte, in ihr Konglomerat zurückzukehren, da sie der Meinung war, dass das, wovon sie zu fliehen wünschte, längst vorüber war. Und da sie wusste, dass sie ihn dank der Freunschaft nicht töten würde, beschloss sie, Isaac vorübergehend zu konservieren, damit er sich während ihrer Abwesenheit keiner anderen Frau näher kommen würde.

Sie ließ Isaac in seinen Keller kommen, wo sie über Nacht alles vorbereitet hatte. Dort befand sich eine große Steinplatte, die fest in der Erde eingegraben war. Während sie die Platte abhämmerte, sah sie in Isaacs Augen, die voller Angst waren. Aber trotz seiner Angst blieb er ziemlich gelassen, da er wusste, dass er gegen eine Halbunsterbliche keine Chance hatte und sein Widerstand würde nur zum unnötigen Leiden führen.

Nachdem sie die Platte entfernt hatte, offenbarte sich ein Loch im Boden. Darunter befanden sich zwei Ziegelsteinblöcke, zwischen denen sich eine enge Furche abzeichnete, wo sie Isaac hineinzuquetschen gezwungen hat. Dann schob sie die beiden Blöcke über ihn und verschloss den Eingang.

Sie empfand Befriedigung darüber, dass sie es geschafft hatte, Isaac von künftigen Annäherungsversuchen anderer Frauen zu bewahren. Und so konnte sie ohne Sorge nach Konglomerat reisen, um dort ihren eigenen Angelegenheiten nachzugehen.

Eines Tages jedoch, als sie Jahre später wieder in der Schöpfungswelt auftauchte, fand Megan heraus, dass Isaac tot war. Seine Knochen lagen in dem kleinen Raum, in dem er eingesperrt gewesen war. Die Halbunsterbliche war außer sich vor Wut, dennoch konnte sie nichts dagegen unternehmen: Ihr Handeln führte dazu, dass Isaac am Ende doch der anderen Frau näher gekommen war, wenn auch es sich bei dieser angeblichen Frau um eine Dame mit der Sense handelte.

Megans Irrtum